»Die eigene Rolle im Konfliktlösungsverfahren«
Mediation
verkörpert die Ur-Form konsensueller Entscheidungsfindung. (Meint = Die Suche nach Konsens, mit
den Mitteln der Kommunikation; nach den Prinzipien des freien Dialogs). Sie beruht
auf der selbstverantwortlichen Lösungssuche für eine konflikthafte Situation durch die unmittelbar
Betroffenen, unter den Augen eines neutralen Dritten; der falls nötig, auf Abweichungen
von den zuvor einvernehmlich getroffenen Regularien (= Arbeitsbündnis) hinweist,
die für die Lösungssuche maßgeblich sein sollen. Diese Interventionen sind
jedoch keinesfalls richtungsweisend. Sie betreffen nur Verfahrens- nicht jedoch
Sachfragen. Ferner versucht der Mediator Machtungleichgewichte auszutarieren,
die eine paritätische Lösungssuche eventuell verhindern könnten.
Von Norbert KUBESCH M. A.
(Politologe, Jurist)
www.delibero.biz
Mediation – wörtlich mit »Vermittlung«
treffend wiedergeben - ist eine Möglichkeit, Konflikte außergerichtlich, über ein Verfahren zu lösen, dass die Hoheit der
Lösungsfindung nicht einem Richter, sondern den Konfliktparteien selbst in die
Hand gibt. Die Parteien vereinbaren dazu ein Arbeitsbündnis, in dem sie sich zu
Verhaltensregeln des fairen Umgangs verpflichten. (Verfahrensstruktur) Dies soll gewährleisten, dass
sie sich ganz eingehend den Sachfragen widmen können. Bei Störungen im Verhandlungsablauf, erinnert der
Mediator an die Regeln des Arbeitsbündnisses. Die Ergebnisse des
Mediationsverfahrens werden zuletzt in einer rechtverbindlichen Abschlussvereinbarung
(notarielle Beurkundung)
fixiert. Eine Mediation ist immer nicht-öffentlich. (Grundsatz der Diskretion)
Mit der Mediation kehren wir zu
Konfliktlösungen zurück, die eine längere Tradition haben, als die uns
geläufigen juristischen (d.h. streitbaren) Lösungsmethoden im Rahmen der
Gerichtsbarkeit. HOMERS Heldenepos »Ilias« kennt das Element der konsensualen
Vermittlung ebenso, wie die Bibel. (vgl. 1.Timotheus 2,5; 1.Korinther 6, 1-4)
Wo liegen die Hauptmerkmale nach denen das Gerichtsverfahren
vom Mediationsverfahren unterschieden werden kann?
Die Schlüsselbegriffe dezisionistisch vs. deliberativ sollen im Folgenden das Wesen der streitigen bzw. der vermittelnden Methode repräsentieren. Dezisionistisch bringt zum Ausdruck, dass eine Entscheidung an einen Dritten delegiert wird. Rechtsphilosophisch kennzeichnet der Begriff dezisionistisch auch eine Anschauung, die das Recht ganz unpathetisch betrachtet. Es bedarf keiner Rückbindung an höhere Mächte. Gesetze sind menschengemacht und das ist gut so. Und weil dem so ist, sind auch die Entscheidungen, die Dritte im Namen des Rechts sprechen gut.
Diesen Anspruch des Rechts bezweifelt auch die deliberative
Haltung nicht. Sie will jedoch die Betroffenen aus der Rolle des »Zaungastes«
im Entscheidungsprozess befreien und direkt mitbestimmen lassen. Deliberation
billigt den Konfliktparteien die Entscheidungsbefugnis und damit die
Verfahrensautorität zu. Das ist so, als würden wir vom Bus ins eigene Auto
umsteigen. Ein Ziel erreichen wir in beiden Fällen. Nur die Entscheidung
darüber auf welchem Wege dies geschehen soll, liegt mit jeweils mehr oder
weniger großem Einfluss bei uns selbst.
Halten wir also fest: Dezisionistische Methode, meint die autoritative Entscheidung qua Delegation der Entscheidungsbefugnis an einen Dritten. Deliberative Methode ist die eigenverantwortliche Entscheidung der Betroffenen im Diskurs über den, wie der Philosoph Jürgen HABERMAS so treffend formulierte »zwanglosen Zwang des besseren Arguments«.
Typische Verhaltensweisen des Menschen
in Konfliktsituationen
Grob lassen sich vier Verhaltensweisen beim Menschen in Konfliktsituationen unterscheiden.
Die
Flucht ist ein
instinktives Schutzverhalten. Das Motiv dafür folgt aus der Schlussfolgerung,
das die akute Bedrohung das eigene Kräftepotential übersteigt, so dass nicht damit zu rechnen ist, ihr wirksam Paroli
bieten zu können. Die Vernichtung
ist das genaue Gegenteil zur Fluchtreaktion. Die Ressourcen einer Partei sind derart übermächtig,
dass sie über die andere nach Belieben bestimmen und verfügen kann. Auch sie zu
zerstören. Die Delegation
an einen Dritten (dezisionistisch) gleicht einer Unterordnung. Die persönliche
Selbstwirksamkeit (= eigenes Erleben, aktiv in Prozesse eingreifen zu können) wird
angezweifelt und statt selbst aktiv eine Lösung zu suchen, wird die Kompetenz
an eine »stärkere« Autorität abgegeben. Die Kooperation schließlich, ist die
eigenverantwortliche Suche nach einem Konsens, der im besten Fall die Belange
aller Beteiligten möglichst umfassend
berücksichtigt. Denkbar unbefriedigend, weil an den eigenen Zielen vorbeilavierend,
ist für die Beteiligten der Kompromiss.
James Russell LOWELL,
amerikanischer Schriftsteller, brachte die damit einhergehende Gefühlslage sehr
anschaulich zum Ausdruck. »Der Kompromiss ist ein guter Regenschirm, aber ein
schlechtes Dach« – ergo: er erfüllt möglicherweise den Zweck der Befriedung für
einen kurzen Schauer, trotzt jedoch auf Dauer nicht allen Witterungen.