Sonntag, 30. März 2014

Was ist Mediation? (1)


»Die eigene Rolle im Konfliktlösungsverfahren«



Mediation verkörpert die Ur-Form konsensueller Entscheidungsfindung. (Meint = Die Suche nach Konsens, mit den Mitteln der Kommunikation; nach den Prinzipien des freien Dialogs). Sie beruht auf der selbstverantwortlichen Lösungssuche für eine  konflikthafte Situation durch die unmittelbar Betroffenen, unter den Augen eines neutralen Dritten; der falls nötig, auf Abweichungen von den zuvor einvernehmlich getroffenen Regularien (= Arbeitsbündnis) hinweist, die für die Lösungssuche maßgeblich sein sollen. Diese Interventionen sind jedoch keinesfalls richtungsweisend. Sie betreffen nur Verfahrens- nicht jedoch Sachfragen. Ferner versucht der Mediator Machtungleichgewichte auszutarieren, die eine paritätische Lösungssuche eventuell verhindern könnten.

Von Norbert KUBESCH M. A. (Politologe, Jurist)
www.delibero.biz



Mediation – wörtlich mit »Vermittlung« treffend wiedergeben - ist eine Möglichkeit, Konflikte außergerichtlich, über ein Verfahren zu lösen, dass die Hoheit der Lösungsfindung nicht einem Richter, sondern den Konfliktparteien selbst in die Hand gibt. Die Parteien vereinbaren dazu ein Arbeitsbündnis, in dem sie sich zu Verhaltensregeln des fairen Umgangs verpflichten. (Verfahrensstruktur) Dies soll gewährleisten, dass sie sich ganz eingehend den Sachfragen widmen können. Bei  Störungen im Verhandlungsablauf, erinnert der Mediator an die Regeln des Arbeitsbündnisses. Die Ergebnisse des Mediationsverfahrens werden zuletzt in einer rechtverbindlichen Abschlussvereinbarung (notarielle Beurkundung) fixiert. Eine Mediation ist immer nicht-öffentlich. (Grundsatz der Diskretion)






Mit der Mediation kehren wir zu Konfliktlösungen zurück, die eine längere Tradition haben, als die uns geläufigen juristischen (d.h. streitbaren) Lösungsmethoden im Rahmen der Gerichtsbarkeit. HOMERS Heldenepos »Ilias«  kennt das Element der konsensualen Vermittlung ebenso, wie die Bibel. (vgl. 1.Timotheus 2,5;  1.Korinther 6, 1-4)





Wo liegen die Hauptmerkmale nach denen das Gerichtsverfahren vom Mediationsverfahren unterschieden werden kann?  



Die Schlüsselbegriffe dezisionistisch vs. deliberativ sollen im Folgenden das Wesen der streitigen bzw. der vermittelnden Methode repräsentieren. Dezisionistisch bringt zum Ausdruck, dass eine Entscheidung an einen Dritten delegiert wird. Rechtsphilosophisch kennzeichnet der Begriff dezisionistisch auch eine Anschauung, die das Recht ganz unpathetisch betrachtet. Es bedarf keiner Rückbindung an höhere Mächte. Gesetze sind menschengemacht und das ist gut so. Und weil dem so ist, sind auch die Entscheidungen, die Dritte im Namen des Rechts sprechen gut.


Diesen Anspruch des Rechts bezweifelt auch die deliberative Haltung nicht. Sie will jedoch die Betroffenen aus der Rolle des »Zaungastes« im Entscheidungsprozess befreien und direkt mitbestimmen lassen. Deliberation billigt den Konfliktparteien die Entscheidungsbefugnis und damit die Verfahrensautorität zu. Das ist so, als würden wir vom Bus ins eigene Auto umsteigen. Ein Ziel erreichen wir in beiden Fällen. Nur die Entscheidung darüber auf welchem Wege dies geschehen soll, liegt mit jeweils mehr oder weniger großem Einfluss bei uns selbst.



Halten wir also fest:  Dezisionistische Methode, meint die autoritative Entscheidung qua Delegation der Entscheidungsbefugnis an einen Dritten. Deliberative Methode ist die eigenverantwortliche Entscheidung der Betroffenen im Diskurs über den, wie der Philosoph Jürgen HABERMAS so treffend formulierte »zwanglosen Zwang des besseren Arguments«.


Typische Verhaltensweisen des Menschen in Konfliktsituationen






Grob lassen  sich vier Verhaltensweisen  beim Menschen in Konfliktsituationen unterscheiden.
Die Flucht ist ein instinktives Schutzverhalten. Das Motiv dafür folgt aus der Schlussfolgerung, das die akute Bedrohung das eigene Kräftepotential übersteigt, so dass nicht damit zu rechnen ist, ihr wirksam Paroli bieten zu können. Die Vernichtung ist das genaue Gegenteil zur Fluchtreaktion. Die Ressourcen einer Partei sind derart übermächtig, dass sie über die andere nach Belieben bestimmen und verfügen kann. Auch sie zu zerstören. Die Delegation an einen Dritten (dezisionistisch) gleicht einer Unterordnung. Die persönliche Selbstwirksamkeit (= eigenes Erleben, aktiv in Prozesse eingreifen zu können) wird angezweifelt und statt selbst aktiv eine Lösung zu suchen, wird die Kompetenz an eine »stärkere« Autorität abgegeben. Die Kooperation schließlich, ist die eigenverantwortliche Suche nach einem Konsens, der im besten Fall die Belange aller Beteiligten möglichst umfassend  berücksichtigt. Denkbar unbefriedigend, weil an den eigenen Zielen vorbeilavierend, ist für die Beteiligten der Kompromiss. James Russell LOWELL, amerikanischer Schriftsteller, brachte die damit einhergehende Gefühlslage sehr anschaulich zum Ausdruck. »Der Kompromiss ist ein guter Regenschirm, aber ein schlechtes Dach« – ergo: er erfüllt möglicherweise den Zweck der Befriedung für einen kurzen Schauer, trotzt jedoch auf Dauer nicht allen Witterungen.