Von Norbert KUBESCH M.A. (Politologe, Jurist)
www.business-mediation.euModelle helfen uns, die Unübersichtlichkeit der Wirklichkeit in Überschaubares zu komprimieren. Was geschieht jedoch, wenn die schlanke Wiedergabe im Modell Wesentliches übersieht? Und was, wenn das Modell eine solche Eigendynamik entwickelt, dass es auf die Wirklichkeit Einfluss nimmt? Ist der HOMO OECONOMICUS das Frankenstein-Monster der Ökonomie? You can´t always get what you want…
Die Grundfragen der Ökonomie ergeben sich aus den Untersuchungen
der menschlichen Bedürfnisse. Voraussetzung dafür, unsere Bedürfnisse decken zu
können, sind vereinfacht gesprochen zwei Aspekte: Ein Markt und der Wille zu handeln. Bedürfnisse motivieren uns, am Markt als
Konsumenten aufzutreten, oder als Produzenten durch die Bereitstellung von Güter, die Bedürfnisse anderer erfüllen zu
wollen.
Nun sind die Vorlieben
der Menschen durchaus verschieden. Und jeder von uns gewichtet diese nach
seiner individuellen Präferenzordnung. Doch gibt es grundlegende
Bedürfnis-kategorien. Die Bedürfnispyramide des Psychologen Abraham MASLOW gibt Aufschluss:
Ebenso ist natürlich denkbar, dass uns zwei Alternativen gleichwertig erscheinen, sie also nach unserem Empfinden ebenbürtig sind, und uns die Wahl daher schwer fällt, weil wir, wie die Ökonomen sagen indifferent sind. Fisch oder Fleisch?
Die Qual der Wahl. Dem Vegetarier fällt die Entscheidung zwischen Steak, Roastbeef oder Gemüseauflauf nicht schwer. Er wird wider- spruchsfrei entscheiden. Wenn er den Gemüseauflauf dem Steak vor- zieht, so wird diese Präferenz auch gegenüber dem Roastbeef gelten.
Wenn also eine Alternative A der Alternative B vorgezogen wird und B, C entspricht, dann wird A auch C vorgezogen. Im Jargon der Öko- nomen spricht man dann von Transitivität. Jeder Entscheidungs-situation liegen also zwei wesentliche Aspekte zugrunde: Die Präferenzordnung und die Anzahl der Handlungsalternativen.
Die Landkarte ist nicht das Gebiet
Das ökonomische Konzept des Homo
Oeconomicus (im Folgenden HO) kennzeichnet verkürzt ausgedrückt das Ideal des Nutzenmaximierers, der rational bezüglich seiner
eigenen Zielpräferenzen handelt. Die
dem Konstrukt zugrundegelegten Annahmen basieren zwar auf real zu beobachtende
menschliche Eigenschaften, bilden diese jedoch nur reduziert, d.h.
verallgemeinernd, als Querschnitt repräsentativer gesellschaftlicher
Makrophänomene ab. Der HO verkörpert eine „heuristische Fiktion“, eine
„Gedankenretorte“ und erfüllt ausschließlich eine methodologische Funktion.
Man ist geneigt einzuwenden,
dass menschliches Verhalten viel zu komplex sei, als das es sich in einem
simplen Maximierungsmodell darstellen ließe. Was für menschliches Verhalten
gilt, gilt im Übrigen für die Realität allgemein. Komplexität begegnet uns
permanent. Seit jeher haben Menschen jedoch Mittel gefunden, diese zu
reduzieren, um so handlungsfähig zu bleiben. Mythen, Geschichten (Narration),
Symbole und Metaphern (Semiotik) etwa, sind solche Mittel der Vereinfachung,
die uns die Welt erklärbar machen.
Die Wissenschaft bedient sich in gleicher Absicht der Modellbildung. Modelle haben den Charakter einer Sehhilfe. Was ohne noch verschwommen, nur schemenhaft zu erkennen war, sieht man durch die Brille klar und deutlich. Setzen wir sie wieder ab, so wird das Bild wieder trüb und ungenau. Die Sehstärke bemisst sich nach der Dioptrienzahl. Ob die Brille also tatsächlich ihren Zweck erfüllt hängt davon ab, ob die verwendeten Gläser der Sehschwäche angemessen sind.
Ähnlich verhält es sich auch bei wissenschaftlichen Modellen. Die Authentizität und Exaktheit der Prämissen, der Annahmen, die zugrundegelegt werden, bestimmen die Schärfe, die Präzision der Aussagen, die daraus gefolgert werden können. Entscheidend ist, Realität nicht spiegeln, sondern wiederspiegeln zu wollen.
Modelle sind wie ein Passepartout,
in das ein Ausschnitt von Wirklichkeit extrahiert wird. Sie ähneln einer Landkarte,
die uns durch unbekanntes Terrain geleitet. Dabei gilt es sich immer wieder vor
Augen zu halten: „Die Landkarte ist nicht das Gebiet“ (Alfred KORZYBSKI). Sie führt uns nur durch
dasselbe.